Donnerstag, 22. August 2013

JASMIN – 16/68, 5. August 1968

Jamsin Zeitschrift August 1968

„Dieser Mann ist – falls es das überhaupt gibt – der typische Deutsche um fünfzig: grundsolide, ein bißchen zu dick, ernst in der Arbeit; mit einem Schuß Stammtischhumor, ein vorbildlicher Familienvater – und von dem Rezept überzeugt, mit dem er die Welt verbessern will.“

Der spätere NewMag-Verleger Heinz van Nouhuys über Georg Leber, den damals amtierenden Bundesverkehrsminister der SPD

Was?

Legendär an diesem Magazin für Eheleute war das Lexikon der Erotik, dass man auftrennen und herausschneiden konnte. Unglücklicherweise ist das in diesem Exemplar nicht mehr vorhanden gewesen. Das Herzrasen kann man sich also sparen. Ein Leserbrief sagt aber genug: „JASMIN will den Ehestand nicht zur sexuellen Orgie formen, sondern seriös und wissenschaftlich erklären, was ein Ehepaar für das gemeinsame Leben unbedingt wissen muß.“

Nach der Erinnerung von Alice Schwarzer, zeigte man sich übrigens auch bei JASMIN daran interessiert, eine Kampagne zu machen, in der sich berühmte und weniger berühmte Frauen unter dem echten Namen ihre Abtreibung öffentlich machen. Man wusste damals nicht, wie Ernst das Interesse zu nehmen war. Die Geschichte sorgte dann 1971 im stern für eine große Diskussion und politischen Druck.

Persistenz und Auflage

Gegründet im März 1968 im Axel Springer Verlag wurde JASMIN bereits drei Monate später an Hans Weitpert, einem Druckereibesitzer verkauft, der von Springer bereits 1961 das alte Ullstein-Druckhaus in Berlin-Tempelhaus erworben hatte. Zum Deal gehörten ebenfalls die Zeitschriften twen, Eltern und Bravo. Ein anderer Zeitschriftentitel, das Neue Blatt ging an den Bauer Verlag „Nie zuvor im Pressewesen“, so der Springer-Biograf Hans-Peter Schwarz, „war eine so große Transaktion über die Bühne gegangen.“

Wie kam es dazu?

Vor allem angetrieben vom Zeit-Verleger Gerd Bucerius hatte die Bundesregierung eine Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der Pressefreiheit durch ihre Konzentration ins Leben gerufen. Als Konzentration sah man vor allem dass der Zeitungsverleger Springer, trotz vorhergehender Gentlemen Agreements der Beschränkung auf den eigenen Markt, seit dem Kaufs der Zeitschrift Eltern im Mai 1966 immer weiter ins Zeitschriftengeschäft eingestiegen war.

Mit 39 Prozent aller Tages- Sonntags- und Publikumszeitschriften gefährde der Springer Verlag die Pressefreiheit. Die Empfehlung der Kommission – Springer war zwar Teil der 17-köpfigen Runde, blieb den Beratungen aber fern – ging im Mai an die Bundesregierung. Springer reagierte mit dem Verkauf .

Diese Ausgabe der JASMIN ist die zweite Ausgabe, die bei Hans Weitpert erschien. Anfang der 1970er Jahre wurde Jasmin weiterverkauft an Gruner + Jahr und nach einem Redaktionsumzug von München nach Hamburg wegen der „unsicheren wirtschaftlichen Gesamtlage“ eingestellt, so das damalige Gruner + Jahr Vorstandsmitglied Rolf Poppe.

Noch zu Beginn des Jahres hatte man beschlossen sich auf das weibliche Publikum zu beschränken. So wurden auch Texte aus der US-amerikanischen Zeitschrift Cosmopolitan abgedruckt. Dieser Titel war kurz zuvor von Helen Gurley Brown erfolgreich zu einer reinen Frauenzeitschrift ummodelliert worden.

Bei Gruner + Jahr wollte man mit dieser Anpassung auch den Anzeigenkunden endlich eine klare Werbezielgruppe bieten. Bei 700.000 verkauften Exemplaren (bereits im zweiten Quartal lag sie bei 1,5 Millionen) und einem Vorjahresdefizit von ca. 3 Millionen D-Mark war das auch bitter nötig. Es hat aber trotzdem nicht geklappt.

Am Rande sei erwähnt, dass Gruner + Jahr 2010 auf dem französischen Markt eine Zeitschrift mit dem Namen JASMIN etablieren wollte. Nach zehn Monaten und einer Preissenkung von 2,- Euro auf 1,30 Euro war mit dem Projekt Schluss.

Vermutete Zielgruppe & Erwerbsgeschichte & Inhalt

Als ich die JASMIN aus dem einzigen Zeitschriftenstapel in einem der mehr oder weniger gut sortierten Antiquariate der Bücher- und Bunkerstadt Wünsdorf zog, nahm ich auch an, eine Frauenzeitschrift in der Hand zu halten. Trotzdem zahlte ich die 2 Euro gerne.Schon lange vor der inhaltlichen Neuausrichtung am weiblichen Geschlecht scheint zum Großteil doch eher die Ehefrau als Ihr Gatte angesprochen zu werden und zwar sowohl von der Werbewirtschaft als auch von der Redaktion. Es gibt es viel Kosmetikwerbung, Rezepte und Modestrecken:

Safari-Stil 1960er

Dazu kommt gehobener Klatsch: Geschichten über die Berühmten und Mächtigen, oder auch der Schönen und Reichen: Ethel Kennedy, die Witwe von Robert Kennedy, wird als Supermutti vorgestellt. Dirigent Leonard Bernstein begleitet man in einer interessanten Mischung aus Interview und Reportage zu einem Konzert seiner Kinder. (Titel: „Das Glück mit einem Tornado verheiratet zu sein.“ Fazit: Dieser Mann scheint die Personifizierung der Selbstzufriedenheit zu sein oder kurz: Angeber).

Auch eine Angeberin, aber eine die tolle Ratschläge gibt, ist Elisabeth von Gräfin Werthern. Die damalige Geschäftsführerin der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft hatte eine regelmäßige Kolumne in der JASMIN. Dort erklärte sie den Leser die Etiketten der gehobenen Gesellschaft. In dieser Ausgabe erklärte sie die korrekte Tischordnung bei förmlichen Mahlzeiten. Dazu wurde ein Schlüssel zur Trinkgeldvergabe gedruckt.  Den kann man getrost verinnerlichen (aber D-Mark doch bitte eins zu eins in Euro umrechnen).

Haptik & Werbung

Die JASMIN ist eine Illustrierte aus einer Ära die wohl als goldene für den Zeitschriftenmarkt gelten mag. Das ist nicht nur an der Menge der unterschiedlichen Anzeigen festzuhalten, sondern auch an der opulenten Optik: Mit 23,5 Zentimetern Breite und 31 Zentimetern Höhe ist das Blatt eher etwas für die Sofaecke als für die S-Bahn. Eine schöne Rückenbindung und die gelb-grün-feminine Harmonie auf dem Titelblatt machen das Erscheinungsbild perfekt.

Natürlich: Dieses Exemplar ist inzwischen etwas muffig geworden und leicht eingefärbt. Wenn man es so in der Hand hält, überkommt einen bei der Vorstellung, dass 45 Jahre alter Menschenschweiß in das Papier gesogen ist, schon ein gewisser Ekel. Also beim Essen könnte ich die nicht lesen. Zumindest nicht dann, wenn ich mit der Hand mit der ich vorher geblättert habe, zu etwas greife, dass ich mir dann in den Mund stecke.

Passend dazu: Werbung für verderbliche Lebensmittel.

Werbung Butter 1968

Verdikt

Ein geistiger Urlaub in Zeiten als FCKW noch in Ordnung und die Ehe so unausweichlich wie die Atombombe war. Seriöses und wissenschaftliches, wie der Leserbriefschreiber, habe ich leider nicht gefunden. Wie gesagt fehlt mir auch das Lexikon der Erotik.

Donnerstag, 09. August 2018

NEON – OKTOBER 2008

NEON Magazin Christian Kracht
Mittwoch, 25. Januar 2017

HÖR ZU! – 1949, NUMMER 10, Woche vom 27. Februar bis 05. März

Donnerstag, 09. Juni 2016

BUNTE ÖSTERREICH – Nr. 31, 28. Juli 1970

Donnerstag, 19. März 2015

konkret – Dezember 1965

konkret Dezember 1965
Montag, 04. Februar 2013

IMEX-VERSAND – Katalog Nr. 15, 1967

IMEX VERSAND Katalog 15 1967
Donnerstag, 26. April 2012

PLAYBOY – MARCH 1969

Playboy March 1969
Donnerstag, 23. Februar 2012

DER FREUND Nr 8

Der Freund Nr. 8, 2006
Montag, 23. Januar 2012

THE OBJECTIVIST – VOLUME 5 • NUMBER 2 FEBRUARY 1966

Donnerstag, 03. November 2011

Kursbuch – 1, 1965 – 7, 1966 – 10, 1967

Kursbuch1 1965 Titel
Montag, 12. September 2011

Bild – Mittwoch, 12. September 2001

Bild 12. September 2001
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