Montag, 23. Januar 2012

THE OBJECTIVIST – VOLUME 5 • NUMBER 2 FEBRUARY 1966

"And if there are degrees of evil, then one of the most evil consequences of mysticism – in terms of human suffering – is the belief that love is a matter of "the heart", not the mind, that love is an emotion independent of reason, that love is blind and impervious to the power of philosophy. Love is the expression of philosophy – of a subconscious philosophical sum – and, perhaps no other aspect of human existence needs the conscious power of philosophy quite so desperately."

Versucht hier eine 61jährige Philosophin mit ihrem durcheinander geratenen Liebesleben klarzukommen?

Was?

Der Objectivist erschien 1962 erstmals als vierseitiger Rundbrief des Nathaniel Branden Institutes (NBI) und mauserte sich 1966 zu einer echten Zeitschrift. Hier bekommt der geneigte Anhänger des Objektivismus seine argumentative Munition.

Diskurs: Objektvismus

Als Grundlagentext des Objektivismus gilt Ayn Rands 1.000 Seiten langer Roman ‚Atlas Shrugged‘ von 1957. Über das Millieu amerikanischener Großindustrieller wird der Leser in die dystopische Vision eines staatlich überregulierten Amerikas kurz vor dem Wirtschaftskollaps gezogen. Any Rand schrieb dabei auch über ihre Verlusterfahrung in ihrer Heimat Russland in Zeiten des einsetzenden Sozialismus (der Vater verlor sein Geschäft).

Anno 2012 sehen zahlreiche Apokalyptiker diese Fiktion nun wahrwerden. Paul Krugman – Wall Street Orakel der New York Times – nimmt die Wirkungsgeschichte des Romans zwar nicht auf die leichte Schulter, aber sieht in den Jüngern des Buchs eher einen bemitleidenswerten Personenkreis:

„Es gibt zwei Bücher, die es vermögen das Leben eines 14jährigen Bücherwurm für immer zu verändern: Herr der Ringe und Atlas Shrugged. Eines dieser Bücher ist die kindliche Fantasie, die beim Leser oft zu einer lebenslangen Obsession mit den unglaublichen Helden und ihn zu einem emotional betäubten, sozial verkrüppelten Erwachsenen machen, der unfähig ist, sich mit der echten Welt zu beschäftigen. Im anderen Buch kommen Orks vor.“

Atlas Shrugged wird gerne als „Kapitalismusporno“ bezeichnet (es war Alan Greenspans Lieblingsbuch, der selbst oft mit Rand befreundet war) oder  als „in seiner Immoralität nahezu perfekt“ umschrieben. Statt die verschnörkelte Geschichte nachzuerzählen, picken wir uns lieber eine beispielhafte Passage aus dem Werk. Es spricht Fransisco d’Anconia – einer von den Guten:

„Not an ocean of tears nor all the guns in the world can transform those pieces of paper in your wallet into bread you will need to survive tomorrow. Those pieces of paper, which should have been gold, are a token of honor – your claim upon the energy of the men who produce. Your wallet is your statement of hope that somewhere in the world around here are men who will not default on that moral principle which is the root of money. Is this what you consider evil?“

Gibt es in der Weltliteratur eine poetischere Huldigung ans Geld? Zahlreiche solcher Sprüche in dem Buch öffnen das Bewusstsein für die lohnenswerte Mühen durch Selbstverantwortung, Fleiß und die Vorzüge des „Ethischen Egoismus“, bei dem an alle gedacht ist, wenn alle an sich denken.

Zur Entwarnung: In Atlas Shrugged bekommen auch Börsenspekulanten und Bürokraten ihr Fett weg.

Turnus

Für Machertypen wie Rand ist ein monatlicher Turnus selbstverständlich.

Auflage

Laut Wikipedia gab es Ende 1966 21.000 Abonnenten. Der Eintrag zitiert wiederum Robert Hessens Aufsatz in der Anthologie The Conservative Press in Twentieth-Century America (Titel ist ein brauchbarer Kompass, um den Objektivismus auszulegen).

Kioskpreis-Inhalts-Verhältnis

Gesamtseitenzahl inklusive Titelblatt: 20 Seiten
Ganzseitige Anzeigen: Eine hinten im Innencover platziert.
Preis: Coverpreis: Offizieller Preis: 50¢. Mein Preis: US $ 9,99.

The Objectivist subscription rates

Format: Nur unwesentlich größer als die Hamburger Leseheftchen
Preis pro Inhaltsseite: 2,7¢

Erwerbsgeschichte

Bei ebay.com geschossen. Ärgerlicherweise musste ich die Sendung beim Zoll abholen Es hat sich fast wie ein Akt der Rebellion angefühlt als ich dieses Heft kurz vor Weihnachten unter den müden Augen des überarbeiteten Staatsvertreters öffnen musste. Schließlich ist der Objektivismus grundsätzlich kritisch gegenüber institutionalisierter Herrschaft. Hier soll übrigens nicht verschwiegen werden, dass ich durch die Serie Mad Men von dieser ganzen Idee des Objektivismus erfahren habe.

Vermutete Lesergruppe

Nicht der Menschenschlag, der 1966 mit wallendem Haar in Haight-Ashbury rumtrippte.

Titel

Die Adresse der Abonnenten wurde direkt auf die Rückseite gedruckt. Mein Exemplar gehörte ursprünglich Miss Sharon Riecker, die sich das Heft vor rund 50 Jahren an die Firma Advance International Ltd. in die Fifth Avenue schicken ließ:

Inhalt

Zwei Aufsätze, zwei Rezensionen und ein Veranstaltungskalender ist alles was es in diesem dünnen Heftchen zu lesen gibt. Die Rezension von Truman Capotes Roman In Cold Blood fand ich am interessantesten, obwohl ich nicht verstanden habe, ob sie positiv ist oder nicht.

Review In Cold Blood in The Objectivist, 1966

Layout

Ein schöner Schrifttyp und ein paar dezente Linien. Eine Zeitschrift braucht nicht mehr.

Verdikt

Die Beziehung zwischen den Heftmachern Ayn Rand und Nathaniel Branden war bereits gut für einen Fernsehfilm mit Helen Mirren: Obwohl Ayn Rand mit Frank O’Connor verheiratet war, begann sie Anfang der 1950er mit Nathaniel Branden eine Affäre, der wiederum mit Barbara verheiratet war. 1966 hatte sich die Lage zumindest für die Brandens geklärt: Sie hatten sich getrennt. Ayn Rand hing weiterhin sehr an ihrem geistigen Zögling Branden. Dieser hatte jedoch eine neue Affäre mit Patrecia Scott, die er vor ihr verheimlichte. Den großen Knall gab es, als Rand 1968 davon erfuhr. Die Zusammenarbeit wurde beendet und als Alleinverantwortliche wütete Rand auf den Seiten des Magazins heftig über Nathaniel Branden. 1971 wurde der Objectivist eingestellt.

So interessant Atlas Shrugged und die Hintergründe des Objektivismus auch sind, so öde ist der Objectivist. In Romanform verpackte Lebensweisheiten machen einfach mehr Spaß als theoretische Aufsätze. Außerdem komme ich mir mit dieser Zeitschrift in der Öffentlichkeit vor wie ein Zeuge Jehovas oder Scientologe.

Apropos: Während Ayn Rand an Atlas Shrugged schrieb, ließ der Science-Fiction Autor  Ron L. Hubbard seine Selbsthilfekurse in den U.S.A. zu einer steuerbefreiten religiösen Organisation namens Church of Scientology wachsen. Vielleicht wäre dem Objektivismus ein ähnlicher Aufstieg als Neue Religiöse Bewegung gelungen. Schließlich konnten am NBI bereits Vortragsreihen und Kurse besucht werden. Leider – oder glücklicherweise – waren die in Affären verhedderten Pioniere des Objektivismus weniger zielstrebig als Ayn Rands schillernde Romanfiguren, die als Idole eines besseren Kapitalismus dienen sollen. So blieb uns zumindest eine Sekte erspart.

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