Donnerstag, 11. Juli 2013

LOWER VILLAGE VOICE – NO. 3 / WINTER 2013

„‚Hinter den Kulissen gings dort kapitalistischer zu und her als irgendwo sonst. Alle wollten nur das eine: Geld.‘ 29B spricht gerne über seine Zeit in der DDR, nicht nur weil er dort seine Frau kennenlernte, sondern auch, weil ihn die Geschichten von damals in seiner Überzeugung bestärken, dass nicht ein bestimmtes System den Menschen formt: ‚Der Mensch ist, wie er ist.‘ Für 29B heisst das: gierig, darauf aus Besitz anzuhäufen, manchmal rücksichtslos, meistens egoistisch, auf persönlichen Vorteil aus und trotzdem im Grunde faul.“

Dominik Gross mit einem chiffrierten schwedischen Bauingenieur im Auto

Was?

Die Zürcher Fremdenverkehrsorganisation Zürich Tourismus bezeichnet das Quartier Niederdorf auf ihrer Website als „Vergnügungsviertel für ein bunt gemischtes Publikum“. Dieses bunte Publikum sorgte am vergangenen Wochenende beim Züri-Fäscht für eine Urinflut in den Straßen, weil nicht genug mobile Toiletten aufgestellt worden waren. Tina Fassbind berichtete im Tages-Anzeiger, dass einige Bewohner sich dazu gezwungen sahen die Fassaden ihrer Altbauten mit Plastikfolie zu schützen. Ein aufgebrachter Niederdorfer wird folgendermaßen zitiert:

„‚An die Wände zu urinieren, ist das eine. Aber inzwischen wird sogar an Holztüren und in die Eingänge gepinkelt – vom Kot ganz zu schweigen‘, ärgert sich ein Anwohner. Vor 20 Jahren wäre so was nicht vorgekommen, ist er überzeugt. ‚Aber es sind Kampftrinker, und irgendwo muss das alles ja hin.‘“

Wie stark das Niederdorfer Theater Neumarkt dabei betroffen war, ließ sich nicht herausfinden. Was klar ist, dass dieses Theater eine eigene Zeitung hat, die dem Quartier Niederdorf entsprechend Lower Village Voice heißt.

Auflage

3.000 Exemplare

Preis

Fünf Fränkli

Turnus

Laut Eigenangabe hat die Lower Village Voice einen vierteljährlichen Erscheinungsrhythmus, der aber in Wahrheit eine halbjährlicher ist: Diese Ausgabe erschien im Januar 2013. Davor kam eine Ausgabe im Mai 2012 und im Februar 2012 debütierte die Zeitschrift.

Layout

Die Lower Village Voice besticht durch eine Optik, die man in Fanzine-Kreisen gemeinhin als „kaputtkopiert“ bezeichnet. Das bedeutet man legt ein Foto oder aber eine mit Schere und Kleber fertig gebastelte Seite auf den Kopierer, drückt den Knopf, nimmt das Duplikat und kopiert es erneut, nimmt dann die Kopie der Kopie und kopiert sie nochmal und so weiter. Dabei wird der Kontrast immer stärker, die Fotos immer unkenntlicher und die Schrift immer gerasterter. Es ist ein schöner Verfremdungseffekt aus Zeiten prädigitalen Hobbypublizismus, wo man aus der Schwäche eine Stärke machen musste und offensichtliche schlechte Qualität besser war als ungewollte mittelmäßige Qualität.

Bei der Gestaltung der Lower Village Voice war aber kein Laie am Werk, sondern es zeigte sich das Studio Achermann dafür verantwortlich. Dessen Inhaber Beda Achermann hat erst vor einigen Monaten einen großen Bildband zur kurzlebigen deutschen Männer Vogue im Steidl Verlag herausgebracht für die er damals in den 1980er Jahren selbst Art-Director war.

Lower Village Voice Studio Achermann Lower Village Voice Studio Achermann

Inhalt

Mit der Lower Village Voice will man – hier sei nochmal ein Rückgriff auf die Eigenvorstellung erlaubt – Themen zur Sprache bringen, „die in der Luft liegen, Relevanz haben und herausfordern.“ Das bedeutet: 19 Autoren schreiben über alles Mögliche, genauer über so viel Mögliches, dass es sich den Zusammenfassungskünsten fast entzieht.

Verdrogte australische Surfer und die Europäische Komission fordern dabei genauso heraus, wie Art Spiegelmans Comic ‚Maus‘ und John Cage relevant sind. Manches liest sich wie ein Tagebucheintrag von jemandem, der seine große Weltreise nach dem Abitur macht, anderes klingt wie eine umgearbeitete Seminararbeit und manches ist dabei trotzdem ganz spannend, anderes wiederum fast unverständlich. Die Star-Autorin Sybille Berg hat leider keinen zitierwürdigen Satz hervorgebracht wie man es sonst von ihr erwartet.

Das ein Theater als Herausgeber der Lower Village Voice fungiert, merkt man nicht, geschweige denn das es ein Schweizer Theater ist. Den offensichtlichsten Zusammenhang mit den szenischen Künsten haben die Rezepte Martin Kušejs. Er präsentiert vier Gerichte und ein Dessert; alles nach eigener Aussage während der Endproben seiner Inszenierung von Henrik Ibsens Drama ‚Hedda Gabler‘ selbst gekocht. Ob sich die gute Verpflegung (unter anderem gab es schwarze Seeteufel-Filets mit Champagnersauce) positiv auf die Inszenierung ausgewirkt hat, konnte man allerdings nicht im Theater Neumarkt sehen, sondern im Münchener Residenztheater. Dort ist Kušej Intendant und damit neben Sybille Berg vielleicht der zweite Star-Autor.

Verdikt

Als jemand, der schweizophil ist, der einen Mitarbeiter dieser Zeitschrift kennt (Hi Wendelin!), der Sybille Berg verehrt und kaputtkopieren als Königsdisziplin des Grafikdesigns ansieht, will ich mich hüten ein schlechtes Wort zu verlieren. Das macht man in der Schweiz auch nicht. Die konzeptionelle (?) Nichtfestlegung der Lower Village Voice kann in einem von vornherein auf inhaltliche Wahllosigkeit angelegtem Format wie Der Leser nicht wirklich bemängelt werden.

Sagen wir es so: Die hier vorliegende Summe aller Teile ist nicht unbedingt etwas, wofür ich fünf Franken ausgeben würde, wenn man es mir nicht nahe läge. Kušejs Gazpacho Blanco werde ich trotzdem mal zubereiten. Ein Bogen zur Urinflut in Niederdorf mag jetzt nicht gelingen. Das wäre dieser Zeitschrift auch vollkommen unangemessen.

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