Donnerstag, 09. August 2012

Interview II: Levin Kurio / Weissblech Comics II

Der Weg an den Kiosk war lang, der Aboversand ist wie das Geschichtenerzählen noch Handarbeit. Weissblech Comics besteht durch die Erfahrung einer fast 20 Jahre bestehenden Ein-Mann-Operation. Da kann man mal im Dachboden wühlen. Im Webshop des Verlagshauses aus Schleswig-Holstein sollte man es sowieso.

Im zweiten Teil des großen Interviews mit Levin Kurio sprechen wir über die Anfänge des Comicverlags im Kuhstall, über den Heftchenboom der späten 1990er, über XL-Shirts und … natürlich … über drogengeile Teenieschlampen.

Wie läuft überhaupt der Abo- und Einzelheftversand. Machst du das noch selbst?

Ja. Ich mache überhaupt das meiste Organisatorische selbst, manchmal hilft mir aber auch meine Frau dabei

Welche Serie hat ihre Abonnenten am meisten vernachlässigt? Der Turnus der Horrorschocker scheint mir relativ zuverlässig, deswegen bin ich auf Nummer sicher gegangen und von diesem Titel ein Abonnement gezeichnet.

Die Abonennten von XXX-Comics und Weissblechs Weltbeste Comics leiden sehr. Mehr als maximal zehn Hefte im Jahr sind nicht drin und davon sind drei bis vier Horrorschocker, deshalb schaffen wir von den anderen Serien nur jeweils ein- bis zwei Hefte.

Die Abos dieser Titel sind eher für Sammler gedacht, die nichts verpassen wollen. Bisher hat sich eigentlich noch niemand über den manchmal etwas schleppenden Turnus beschwert. Comicleser sind da aber auch Schlimmeres gewohnt … manche Serien erscheinen nur alle Jubeljahre.

Wie hoch ist die Auflage von XXX-Comics im Vergleich zu den Horrorschockern? Der Preisvergleich lässt hier ja schon einige Vermutungen zu.

Die Auflage von XXX ist gerade etwas mehr als ein Drittel der Horrorschocker-Auflage. Kein Wunder, wegen der Altersbeschränkung ist XXX-Comics auch viel schwerer zu verkaufen. Das und der erhöhte Mehrwertsteuer-Satz (wegen Porno) führen dann zu dem höheren Preis.

Was sagt denn deine Frau eigentlich dazu, dass du die XXX-Comics fabrizierst? 

Wie alle lebensfrohen Menschen hat sie ihre Freude an hervorragenden Heften voller heiterer Erotik.

Du hattest in den alten KOMA-Comix ja mal eine Reihe von XL-only-T-Shirts angeboten. Wie sieht es derzeit mit Merchandise aus? Die Sparte T-Shirts ist im WC-Onlineshop ja immer noch präsent, wenn auch ungefüllt. 

Damals hatte Hauke eine Maschine zum T-Shirt bedrucken; so haben wir die Shirts quasi auf Zuruf produzieren können. Heute haben wir die nicht mehr. Das hat damals schon zu viel Arbeit gemacht und zu wenig gebracht. So sieht das im Moment insgesamt mit Merchandise aus, deshalb konzentriere ich mich lieber darauf Comics zu machen.

Weissblech T-Shirts 1999

WC-Eigenwerbung aus dem Jahr 1999

Nochmal kurz zurück in die Geschichte deiner Verlagsoperation: Der Name Weissblech kommt von der Produktionsweise deiner frühen Veröffentlichungen, die ab 1993 das Licht der Welt erblickten. Ich zitiere mal von deiner Website: „spassig wars, insbesondere weil damals die Hefte noch selbst gedruckt wurden, auf einer alten Copyrapid Presse in einem verwaisten Kuhstall. An der Druckqualität der damaligen Hefte erkennt man dann auch, warum man Drucker lange lernen muss und warum Minusgrade der Konsistenz von Druckerschwärze nicht zuträglich sind.“

Ich glaube nicht, dass ich damals ernsthaft versucht habe, jemanden mit eigenen Comicheften zu beeindrucken. Ich wollte einfach welche machen, und ich wollte damit tatsächlich auch Geld verdienen.

Das funktionierte anfänglich nicht so, wie ich mir das gedacht hatte; das allererste KOMA-Comix habe ich für die horrende Summe von 600 Mark drucken lassen. Leider fehlte dann das Geld für die nächste Ausgabe, auch wenn durchaus Potenzial vorhanden war. Über einen Bekannten meines Vaters bekam ich dann besagte Druckmaschine inklusive einer Maschine zum Platten belichten. Natürlich durfte ich das ganze nicht innerhalb der Wohnung betreiben, deshalb blieb mir nur der alte Kuhstall. Ich hatte natürlich keinen Plan, wie das alles funktionierte. Trotzdem habe ich einige Ausgaben KOMA-Comix damit gedruckt, und die Dinger waren schon wegen der Druckqualität teilweise unlesbar.

Weissblech Coma-Komix # 1 1993

Der erste große Wurf (März 1993)

Was war eigentlich dein schlimmstes Erebnis der 1990er

Da war viel, aber alles nur halbschlimm. Deshalb fällt mir da nichts hervorstechend Schlimmes ein. Oder vielleicht ist das in der Rückschau auch alles nur völlig bedeutungslos. Ist ja auch schon ewig her …

Ende der 1990er schwappte etwas verspätet der Hype des Comicsammelns nach Deutschland. Hierzulande bekam man das unter Anderem durch das Erscheinen von Spawn und der Überschwemmung des Marktes durch den Dino Verlag mit.

Gleichzeitig gab es ja auch Versuche einheimischer Zeichner eigene Serien zu etablieren. 1997 bis 2000 war beispielsweise Helden von Ralf Paul / IPP so erfolgreich, dass sie auch in den Staaten aufgelegt wurden. Wie hast du diesen Trend miterlebt und was sagst du zu dem Projekt IPP, die sich jetzt auf ihrer Website als „Zeichneragentur“ vorstellen und nur noch wenig mit Comics am Hut hat.

Ich hab sehr zu meinem Erstaunen irgendwann im Sommer ’94 (oder ’95) am Strandkiosk Beavis & Butthead # 1 entdeckt. Das war das allererste Heftchenboomheft, auch wenn man da heute eher an die Batman Adventures denkt. Ich war begeistert: endlich Heftchen! Aber viel gekauft habe ich in dieser Zeit nicht. Da hatte ich andere Prioritäten.

IPP war damals revolutionär und mutig. Wenn sie nun besser als Zeichneragentur leben können, gerne! Sie werden ihre Gründe haben. Ich finde es ein bisschen Schade.

War es im Nachhinein eine gute Idee mit den Horrorschockern in einen festen Turnus zu gehen oder bereust du manchmal die Arbeit die du dir damit aufgehalst hast. 

Am Anfang hatte ich das wahnhafte Bedürfnis, Horrorschocker zweimonatlich erscheinen zu lassen. Das zog etliche Nachtschichten nach sich und war auf die Dauer nicht zu schaffen. Mit der Nummer 6 habe ich auf einen vierteljährlichen Turnus geändert. Das ist immer noch viel Arbeit, aber letztlich war das ein notwendiger Schritt, den ich heute nicht bereue.

Nun dauert es bei den Horrorschockern immer zwei bis vier Monate bis eine neue Ausgabe erscheint. Mit etwas Aufregung ist so ein Heft in fünf Minuten runtergelesen. Würdest du sagen, das gedruckte Comics ein Medium ist, das zur Entschleunigung mahnt?

Ja, unbedingt. Gut gemachte Comics funktionieren zwar schnell gelesen genauso wie langsam gelesen, aber es entgehen einem die ganzen Nuancen und das ist schade.

Mit dem Beginn der Horroschocker-Reihe ging auch die Professionalisierung von Weissblech einher. War das eine Reaktion auf den Überraschungserfolg von Weissblech Weltbeste Comics # 1, den „Drogengeilen Teenieschlampen“?

Nicht direkt. „Drogengeile Teenieschlampen“ war schon einige Jahre alt als ich mit den Planungen für Horrorschocker begann. Wir hatten in der WWC-Reihe, in der anfangs die Teenieschlampen erschienen sind, später recht erfolgreich mit Horrorheften experimentiert – „Zombie-Terror“, „Horror aus der Pornogruft“ und „Okkulte Orgien“. Das Konzept einer Reihe mit wechselnden Titeln hatte aber seine Grenzen, und der Plan war, mit einer Anthologiereihe gleichbleibender Titel größer in den Markt einzusteigen.

Leider ist mir lange kein zündender Titel eingefallen, das kurze und knackige Horrorschocker ist die Idee meiner jetzigen Frau, nachdem ich selbst das Thema schon lange gewälzt hatte. Danach dauerte es fast noch ein Jahr, bis das Konzept stand und schließlich das erste Heft erschien.

Weissblech Comics Drogengeile Teenieschlampen Cover 2000

Teenieschlampen Anno 2000

Weissblech Comics Drogengeile Teenieschlampen Cover 2010

Teenieschlampen Anno 2010 (Inhalt derselbe)

Was gab es noch für andere Namenvorschläge für die Horrorschocker?

So genau weiss ich das nicht mehr, aber die meisten Namen gingen wohl in die Richtung der WWCs und klangen so ähnlich wie „Horror aus der Pornogruft“ oder „Okkulte Orgien“. Das war aber zu spezifisch.

Ganz am Anfang der Überlegungen stand ein Magazin namens DRECK!, das recht undergroundig sein sollte. Aber irgendwie schien es plötzlich lauter Punkbands mit diesem Namen zu geben und das Konzept war mir irgendwie zu negativ.

In einem Interview mit dem Comic Report hast du gesagt, dass du erst mit der 20. Ausgabe von Horrorschocker „wirklich zufrieden“ warst. Was lief vorher nicht richtig?

Vornehmlich war die Nummer 20 die erste Ausgabe, in der ich mit meinem eigenen Comic wirklich zufrieden war. Auch sonst war alles in dem Heft rund. Außerdem haben die Druckvorlagen in der Zeit nochmal einen Schritt nach Vorne gemacht. Das sieht man nicht auf Anhieb, aber für meine Zufriedenheit war das schon sehr ausschlaggebend.

Du beteuerst immer wieder, dass die meisten Leser von Weissblech meistens keine klassischen Comic-Fans sind. Mit Weissblech hast du eine hervorragende Nische in Deutschland gefunden: Kleine Heftchen, kaum Lizenzen, sondern eigene Produktionen, zumeist abgeschlossene Geschichten, manchmal mit wiederkehrenden Charakteren, dazu ein wenig Porno. Gebe ich dir deswegen so viel Geld?

Also, ich würde sagen, damit hast Du die Eckpunkte treffend benannt. Ich hatte von Anfang an die Absicht, mit meinen Comics auch Nicht-Comicfans zu erreichen. Oder zumindest nicht nur extreme Fanboys. Das war schon mit den alten KOMA-Comix so. Ich versuche die Hefte auch immer einsteigerfreundlich zu gestalten.

Weissblech Comics Katalog 2000

„Sie hatten Blümchen und Loveparade – Wir hatten Karlsquell-Pils und KOMA COMIX“
Weissblech Werbung aus dem Jahr 2000 (an der Pauke Levins Alter Ego Quevis)

Nächsten Donnerstag geht es in die Endrunde. Gesprochen wird über Graphic Novels und das Feuilleton, die Feierabendbeschäftigungen im Hause Weissblech und die Inspiration für gezeichneten Grusel, die meistens näher liegt, als man denkt.

Teil I findet sich weiterhin hier.

Donnerstag, 16. Juli 2015

MAD MAX: FURY ROAD: FURIOSA # 1, Aug ’15

MAd mAx Fury Road Comic 2 Furiosa
Donnerstag, 30. April 2015

Transhelvetica – #27, März–April 2015

Transhelvetica Magazin Asterix
Donnerstag, 20. Februar 2014

GRATITUDE FANZINE ISS. #1

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Montag, 28. November 2011

DONALD – Sommer 2011

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Montag, 15. August 2011

1963 – BOOK TWO: NO ONE ESCAPES…THE FURY

Alan Morre 1963 No One Escapes The Fury Image Comics
Donnerstag, 19. Mai 2011

WARLOCK AND THE INFINITY WATCH Vol. 1, No. 23, 23 December 1993

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Donnerstag, 21. April 2011

mosaik 330, Juni 2003

mosaik Comic
Donnerstag, 04. November 2010

MAD – Nr. 185

MAD Magazin 1983
Freitag, 29. Oktober 2010

LIMIT – Nr. 7, Juli 1994

Limit 1994 Kurt Russell
Donnerstag, 21. Februar 2013

Die Sprechblase – Jan. 2013, 38, Jahrg., Nr. 226

Die Sprechblase Januar 2013
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